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»Die Wege der Hölle kennen, um sie zu vermeiden« (Alberto Acosta)

»Wir können nicht auf eine ›technische‹ Lösung warten. Unsere Welt muss politisch neu gedacht und von der Gemeinschaft aus neu geschaffen werden.«

Acosta, Alberto (2017): Buen Vivir. Vom Recht auf ein gutes Leben (5. Aufl.). München: Oekom Verlag, S. 35, ISBN 978-3-86581-705-1

Alberto Acosta ist Wirtschaftswissenschaftler aus Ecuador. Er schreibt aus einer globalen Perspektive – mit dem Standort Lateinamerika. Dort ist auch der Begriff des »guten Lebens« entstanden, in der Auseinandersetzung mit fünfhundert Jahren Kolonialismus. Aber eins nach dem anderen:

Alberto Acosta setzt sich kritisch mit der Praxis der »Entwicklung« auseinander. In Lateinamerika und den anderen angeblich nicht entwickelten Ländern hat das »Vorbild« der westlichen Welt keineswegs zu »Entwicklung« geführt: Die Ausbeutung der Rohstoffe hat dort die Umwelt ruiniert und die gesellschaftliche Ungleichheit vergrößert. Auf der anderen Seite hat der »Extraktivismus«, die grenzenlose Ausbeutung der Erde, zu einer Fehlentwicklung des Nordens geführt – zu einem Lebensstil, der auf gar keinen Fall verallgemeinert werden kann.

Jetzt kommt ins Spiel, wie wichtig der Blick von Lateinamerika aus ist: Indigene Gemeinschaften haben der Vereinnahmung durch Formen der »Entwicklung« widerstanden und ein der Umwelt angepaßtes und sozial verträgliches Leben bewahrt. Die im Kapitalismus untergegangenen »Commons« (Gemeingüter wie Wasser oder Luft) sind ihren Gemeinschaften wichtig. In Lateinamerika hat das dazu geführt, daß die Erde selbst als Rechtssubjekt verstanden wird, was so auch in die Verfassung Ecuadors gelangt ist. Im Klartext: Bei allem, was Menschen tun, muß die Unversehrtheit der Erde beachtet werden, oder sie ist einklagbar.

Daraus entsteht das Gegenbild zu »Entwicklung«, das gute Leben – eine Vision, die demokratisch von unten vorangebracht werden muß. Sie ist das »große Bild«: Ein Leben ohne Umweltzerstörung, Rassismus und Patriarchat. Deutlich wird: Entweder gibt es einen grundlegenden kulturellen Wandel, oder das menschliche Leben auf dieser Erde hat keine Zukunft. Der Kapitalismus hat in dieser neuen Welt keinen Platz. Mit großer Klarheit sagt Alberto Acosta: Es geht nicht um ein »besseres« Leben, das doch wieder von der Kapitalakkumulation bestimmt wird, es geht um das gute Leben – biosoziozentriert und ohne Gier. Das ist für mich die große Bedeutung dieses Buchs: Wir brauchen eine Zäsur und eine Welt ohne die Vernutzung von Mensch und Natur. Warten wir darauf nicht schon lange?

»Global gesehen, sind wir (…) aufgefordert, ernsthaft und verantwortungsvoll über die dringend notwendige wirtschaftliche Schrumpfung des globalen Nordens zu diskutieren. Dies muß notwendigerweise Hand in Hand mit dem Postextraktivismus im globalen Süden erfolgen. Heute, wo die Nachhaltigkeitsgrenzen der Welt im wahrsten Sinne des Wortes überschritten sind, müssen außerdem universelle Umweltlösungen gefunden werden. Wir können nicht oft genug wiederholen, daß damit die Frage der sozialen Ungleichheit und Ungerechtigkeit endlich beantwortet werden muß.«

Acosta, Alberto (2017): Buen Vivir. Vom Recht auf ein gutes Leben (5. Aufl.). München: Oekom Verlag, S. 192, ISBN 978-3-86581-705-1

Foto: Von Meli thev – DARTS archive + Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=87859068


Mit Erlaubnis des Oekom-Verlags folgen das Inhaltsverzeichnis von »Buen Vivir« und ein Auszug aus dem Buch.

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