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Ein Blick in die Zukunft

Das Grupo Sal Duo und Alberto Acosta rückten am 9. April 2022 im Dathenushaus elementare Zukunftsfragen in den Vordergrund. Das Grupo Sal Duo mit Anibal Civilotti und Fernando Dias Costa ist seit vierzig Jahren darin aktiv, die Kultur Lateinamerikas bei uns lebendig werden zu lassen (www.grupo-sal.de). Und Alberto Acosta, per Video zugeschaltet, ließ die Weisheit der indigenen Völker für die Zukunft des Lebens auf der Erde aufscheinen. Siebzig Zuhörende lauschten der bewegenden Musik des Duos und schöpften Anregungen und Motivation aus den Wortbeiträgen Alberto Acostas.

Als Wissenschaftler und vorausschauender Politiker, der in verschiedenen Funktionen für den ecuadorianischen Staat tätig war, brachte Alberto Acosta früh den indigenen Gedanken des »Buen Vivir«, des guten Lebens im Einklang mit der Natur, in die Diskussion um die Zukunft ein. Als Präsident der verfassungsgebenden Versammlung Ecuadors sorgte er dafür, dass die Rechte der Natur dort verankert wurden.

Unsere Welt bewege sich, so Alberto Acosta, heute in Richtung einer »amorphen« Situation: die Plünderung der Natur gehe weiter und es gebe kein Land, das nicht vom Klimawandel betroffen sei. Das kapitalistische System des »Mehr vom Gleichen« sorge dafür, dass die Natur denaturalisiert werde und die Menschen entmenschlicht werden würden. Die »Green Economy« sei ein falscher Weg und bezeichnend sei, daß es inzwischen Ministerien für Einsamkeit gebe.

Die Natur sei die Grundlage unserer Existenz, die Menschheit könne nicht außerhalb der Natur leben. Die Kreisläufe der Natur müssten deshalb bewahrt und anerkannt werden. Letzten Endes könnten kollektive und individuelle Rechte nur im Rahmen der Natur ausgeübt werden. Die Rechte der Natur konfrontierten für Acosta so jede Aussage, die den Menschen außerhalb der Natur sähen. Für die Zukunft müssten wir akzeptieren, dass die Menschen in einer Gemeinschaft lebten, dem »Pluriversum«, dem alle Menschen und die Natur angehörten.

Der Gedanke des Pluriversums stehe in Beziehung beispielsweise zum Nachhaltigkeitsgedanken (Hans Carl v. Carlowitz), der Enzyklika »Laudato si«, die auf Franz von Assisi verweist, für den die Menschen ein Teil der Natur seien, oder die Auffassung, die Welt als GAIA, als einen lebendigen Superorganismus, zu sehen, der Pflege und Stärkung benötige. Fast siebunddreißig Länder weltweit, so Alberto Acosta, beschäftigten sich mittlerweile mit den Rechten der Natur. Auch in Deutschland, im Freistaat Bayern, gebe es eine Initiative dazu (https://gibdernaturrecht.muc-mib.de).

Erforderlich sei eine »wirkliche Zivilisationswende«. Dazu müsste die universelle Erklärung der Menschenrechte in Form einer gemeinsamen Erklärung der Menschen- und Naturrechte vervollständigt werden. Wirtschaftlich gesehen müssten die Ressourcen so eingesetzt werden, dass alle gut leben könnten. Da die Menschen die Garanten der Natur seien, müsse das Eigentum der natürlichen Umwelt dienen.

Die Rechte der Natur, so Alberto Acosta, erforderten unsere Beteiligung. Wie bei der kopernikanischen Wende, die die Ausbeutung der Natur ermöglichte, müssten wir die Welt grundlegend verändern. Notwendig sei ein »Geist des Aufbrechens«: Nur wenn wir aufbrächen und das Leben liebten, könne das gelingen. »Denken wir an unsere Enkel«, appellierte Alberto Acosta an die Zuhörenden.

Auf der musikalischen Ebene bereicherte das Grupo Sal Duo den Abend mit lateinamerikanischer Musik, die Fernando Dias Costa einführte und gemeinsam mit Anibal Civilotti gesanglich unverwechselbar darbot. Die musikalische Vielfalt gipfelte in dem Scherz, die beiden würden sich angesichts der Instrumente auf der Bühne überlegen, als Spedition zu arbeiten, wenn sie nicht mehr singen würden.

Zu ihrem Programm gehörte »Parana«, ein Lied, das dem drittgrößten Fluss Lateinamerikas und den Menschen, die an ihm leben, gewidmet ist. Es folgte ein Geburtstagslied für eine alte, weise indigenen Bäuerin zu deren 104. Geburtstag. Ihre Würde und Weisheit, so Fernando Dias Costa, brächte sogar die Natur dazu, sich vor ihr zu verbeugen. Zu den weiteren Liedern gehörte ein Lied über die Brasilianerin Marielle Franco, die 2017 auf offener Straße ermordet wurde, weil sie Menschenrechtsverletzungen in den Favelas nachging.

Lieder aus Paraquay, Portugal, Kuba und Katalanien brachten den Zuhörenden ein warmes, lebendiges, gefühlvolles Bild der gemeinsamen Erde nahe. Schmerz und Hoffnung, der Schmerz über das Leid der Schöpfung und die Hoffnung, diesen wundervollen Planeten bewahren zu können, haben uns an diesem Abend begleitet – und Alberto Acosta und das Grupo Sal Duo haben uns nicht nur einen Blick auf die Zukunft ermöglicht, wir konnten uns auch ein wenig fühlen, als ob wir schon einen Schritt in diese Zukunft gegangen wären.

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